Letzte Woche kamen wir von einer Kreuzfahrt zurück. Die war schön und führte uns um Britannien herum.
Essen
Das kann man 24 Stunden ununterbrochen. Wir stehen am Büfffet und werden sofort von potentiellen Mitessern eingekreist, die neugierig – das Wort passt – unsere Auswahl begutachten. Das Aufnehmen von Käsescheiben erfordert ein Höchstmaß an Konzentration und Geschicklichkeit, um die zusammengepreßten Käseplatten mundgerecht auf den Teller gleiten zu lassen. Übrigens Vorsicht bei den Tellern: Sind die angebotenen Speisen bestenfalls lauwarm, ist das Geschirr in der Regel kochend heiß und nur mit Spezialhandschuhen anfaßbar.
Vorsicht ist ebenfalls geboten bei der Unterbrechung der Essensaufnahme. Bereits ein kurzes Absetzen von Messer und Gabel wird vom Servicepersonal als Signal verstanden, den Teller mit einer schnellen ruckartigen Bewegung zu entfernen.
Vermeiden Sie Plätze an der Fensterseite, auch bei guter Aussicht (oder gerade dann). Das ganze Schiff wird Sie während Ihrer Essenszeit konzentriert beobachten. Es könnte ja gerade ein Wal vorbeischwimmen oder Sie könnten den Eindruck erwecken, etwa gehen zu wollen. Beides will das Schiff nicht verpassen.
Sport
Am ersten Tag machen noch viele mit und zeigen, wie schnell sie die 280m lange Laufstrecke bewältigen können; wir haben gute Zeiten um die 10 Minuten gesehen. Leider verkümmert der Ehrgeiz und nur noch Kaffeetrinker, Handy-Nutzer und Seekranke bevölkern die Strecke.
Ein harter Kern vertrieb sich die Zeit mit „Shuffle-Board“. Mit Hilfe langer Holzbretter wird versucht, die eigene Holzscheibe auf Flächen mit hoher Punktzahl zu plazieren. Mitspieler versuchen dann, diese Scheibe „wegzuschubsen“ mit den Latten. Das ganze macht sehr viel Spaß und machmal wird das Spiel nur mit den Holzbrettern beendet.
Bildung
Die kommt an Bord nicht zu kurz. Dafür zuständig war eine Lektorin, die vor Erreichen eines neuen Hafens Vorträge über die dort zu bestaunenden Sehenswürdigkeiten hielt. Wir wissen jetzt, wie teuer Museumsbesuche in Belfast mittwoch nachmittags für Studenten und Rentner ab 75 Jahre sein können. Auch die wichtigsten 60 Jahreszahlen zur schottischen Geschichte im 18. Jahrhundert sind uns nun sehr vertraut.
Ausflüge
Ausflüge zählen zu den Höhepunkten einer Kreuzfahrt. Wer will tagelang nur auf das langwellige Meer schauen? Abhilfe bieten die vielen Busse, die aufgereiht am Kai auf die Ausflügler warten. Nach Verlassen des Schiffes muss der richtige Bus gefunden werden. Dazu hat man sich auf einem Vorplatz in eine Reihe zu stellen. An der laufen dann die Ausflugsverantwortlichen entlang und rufen geheimnisvolle Zahlen, die Hinweise auf den zu betretenden Bus geben sollen. Das ganze wird solange wiederholt, bis nur noch wenige in der Reihe stehen.
Wir nahmen an einem Ausflug zu einem schottischen Castle aus dem 16. Jahrhundert teil. Die Inneneinrichtung war noch im Original erhalten, nur die Leute, die dort lebten, waren nicht mehr da. Am Eingang stand ein schottischer Dudelsackpfeifer, der die Ankömmlinge mit lustigen Weisen zu erfreuen versuchte. Bei Verlassen der Anlage stand er da immer noch und offensichtlich nur bereit, den Weg gegen ein Entgelt freizumachen. Wir entkamen diesem Ansinnen durch Überlaufen mehrerer Erdwälle, wobei auch Ablenkungsmanöver halfen.
Nach dem Ausflug möchte man wieder zurück aufs Schiff. Das ist aber nicht so einfach. Es kommt die „hohe“ Zeit der Security. Nach Tagen der Langweile und gut ausgeruht stürzen sich diese Leute auf die erschöpften Zurückkommer. Auch der 90jährige könnte an Land eine Gürtelbombe gekauft haben, um mit dieser den nur andeutungsweise deutsch sprechenden Kapitän in die Tiefen des Ozeans zu schicken. Bei ohrenbetäubender Hintergrundmusik, untermalt von schrillen Schreien des Kontrollpersonals legen wir unsere Taschen, Jacken, Wertsachen und Hosengürtel auf Förderbänder, die diese in Richtung Scanner transportieren. Wir haben Mitreisende gesehen, die nur mit Nachdruck davon abgehalten werden konnten, sich ganz auszuziehen.
Unterhaltung
Diese ist wichtig, schon um eine evtl. aufkommende Langeweile sofort im Keim zu ersticken. Dafür gibt es ein großes und ein kleines Theater. Auch in den zahlreichen Bars wird Life-Musik geboten. Ein oder zwei Musiker*innen treten dort auf, um den Gästen die Zeit an Bord angenehm zu gestalten. Um engagiert zu werden, müssen die Künstler*innen allerdings in der Lage sein, alle Musikstile einheitlich darzubringen, und zwar in einer Weise, die bei den Zuhörer*innen eine gewisse Müdigkeit aufkommen läßt, damit der Barbetrieb auch gegen 24.00 Uhr beendet werden kann.
Beliebt sind die Veranstaltungen im großen Theater, bei denen Crew-Mitglieder zeigen was sie als Revue-Künstler*innen können. Köche, die tagsüber Rinderhälften mit langen Messern bearbeiten, werfen diese auf der Bühne vor staunendem Publikum auf anwesende Kollegen. Als vorsichtige Menschen haben wir an diesen Events nicht teilgenommen.